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Unkener Geschichten

Ein herzliches Danke an die Autorin Christine Becker (†)

Der Pfleger Franz Anton von Berchtold - Sonnenburg

Bevor die politische Struktur in unserem Land ihre heutige Form gefunden hatte, war der Pfleger in Lofer für unser Dorf zuständig. Er war vom Salzburger Fürsterzbischof eingesetzt, hatte große Befugnisse und war verantwortlich für Recht und Ordnung in unserem Tal. Aus der Reihe vieler namhafter Persönlich - keiten in dieser Funktion möchte ich an eine besonders erinnern und nehme mir als Unter - lage das Buch „Kriegerische Ereignisse im Herzogthume Salzburg“ von Anton Ritter von Schallhammer zu Hilfe.

Sonnenburg ist 1749 in St. Gilgen geboren, wurde Stadt- und Landrichter in Laufen und 1790 erzbischöflicher Rat, Pfleger und Umgelder, dann Maut- und Hofbräuamtsdirektor in Lofer und Truchsess. Er heiratete Genovefa Greißing. Die Familie hatte fünf Kinder. Besonders zu erwähnen ist die Verwandtschaft zu W. A. Mozart. Sein Bruder Johann Baptist, hochfürstlich salzburgischer Rat und Pfleger zu Hüttenstein (St. Gilgen) heiratete Mozarts Schwester Anna Maria, das Nannerl. Eine steinerne Tafel am heutigen Postamtsgebäude in Lofer, dem ehemaligen Sitz des Pflegers, erinnert daran, dass Mozart 1769 bei seinen Verwandten in Lofer übernachtet hat. Warum ist Franz Anton von Berchtold - Sonnenburg so eine besonders interessante und beeindruckende Persönlichkeit? Er war in seiner Zeit zwischen mehrere Fronten gekommen und hat seine ehrenhaften Entscheidungen schmerzhaft büßen müssen und sein Schicksal spiegelt die Verwerfungen in unserem Lande in jener Zeit deutlich wider. Zu seiner Amtszeit hatte das Pfleggericht Lofer 2.500 Einwohner. Im Jahre 1800 kamen zum ersten Mal Napo - leons Truppen in unser Land. Der Landesherr, Fürsterzbischof Hieronymus Graf Colloredo verbot seinen Untertanen bei Androhung der Todesstrafe jegliche Kampfhandlung. Das Volk aber kümmerte sich darum nicht und war fest entschlossen zur Verteidigung der Heimat anzutreten. Man berief sich auf eine Konvention aus dem Jahre 1779 zwischen den Habsburgischen Tirolern und den Bewohnern der Salzburgischen Pfleggerichte Lofer, Saalfelden, Zell, Mittersill und Taxenbach, sich bei Gefahr durch die Franzosen wechselseitig zu unterstützen. Als Sonnenburg erkannte, dass der Verteidigungswille des Volkes mit nichts einzubremsen war, übernahm er selbst die Leitung der Organisation der Landesverteidigung. Es gibt zahlreiche Rechtfertigungsschreiben an die hohe Statthalterschaft in Salzburg. Für Tirol waren die verbündeten Salzburger immens wichtig. Diese sicherten die Zugänge zum Pass Strub am Hirschbichl, in der Aschau, am Stein- und am Kniepass und in Hochristfeucht. Das Pfleggericht Lofer war wirklich der Schlüssel zu Tirol. Sein tatkräftiges Eintreten für die Verteidigung der Heimat brachte Sonnenburg höchstes Lob und Ehren vom Österreichischen Kaiser ein. Dieser setzte sich auch in Salzburg für Sonnenburg ein, wissend, in welchem Konflikt dieser mit seinen Vorgesetzten dort steckte. So ist denn auch der erste Ansturm am Botenbichl im Dezember 1800 siegreich abgewehrt worden. Es folgte ein Waffenstillstand und eine am grünen Tisch ausgehandelte Verteilung der gewonnenen bzw. zu besetzenden Gebiete, bei der unsere Gegend trotz des blendenden Sieges vor Ort den Franzosen zugesprochen wurde. Diese waren auf Sonnenburg schlecht zu sprechen. Hatte er ihnen doch mit den Öster - reichern zusammen eine sehr verlustreiche Niederlage beschert. Dabei hatten die Franzosen die Bauern, die in Zivil (mit nackten Knien!) und ohne Sold kämpften, vollkommen unterschätzt. Nun musste Sonnenburg die Verhandlungen mit den Besatzern führen und seinem Volk ihre Forderungen mitteilen. Sonnenburg befand sich in Lebensgefahr weil sich seine eigenen Leute in Zorn und Enttäuschung gegen ihn wendeten. Es war ja auch wirklich schwer zu verstehen dass der mutige Einsatz zu diesem Ergebnis geführt hatte und eigentlich umsonst gewesen ist. Die Lage beruhigte sich langsam wieder. Aus Wien kamen Dank und höchste Auszeichnungen und die Bewilligung für Sonnenburg, als militärisches Ehrenzeichen die Tiroler Schützenuniform im Krieg wie im Frieden tragen zu dürfen. Dies hat dem Fürsterzbischof in Salzburg gar nicht gefallen.

Erzherzog Karl schrieb im September 1801 nach Salzburg:

„Euer Liebden haben gewiß Selbst mit besonderer Zufriedenheit zu seiner Zeit vernommen, welchergestalt der Pfleger des Erzstiftischen Landgerichts Lofer Baron von Sonnenburg sich bei der Landesvertheidigung des Pinzgau ausgezeichnet hat. Ich erließ an denselben ein eigenes Belobigungsschreiben und der im vorigen Winter in Tyrol kommandierende Feldmarschall - Lieutnant Baron Hiller gab ihm in meinem Namen die Erlaubniß, die Uniform der Tyroler Landesschützen zu tragen, mit denen er sich freywillig vereinigt hatte. Ich bin überzeugt, dass es Euer Liebden nicht anders als angenehm sein kann, wenn der Muth und Patriotismus eines Erzstiftischen Beamten öffentlich anerkannt und durch ein Merkmal belohnt werde, weshalb ihm ein fortdauerndes Andenken hievon, und die verdiente Achtung unter seinen Mitbürgern auch durch eine äußerliche Auszeichnung zusichert. - Ich zweifle daher nicht, dass Euer Liebden dem Baron von Sonnenburg das Tragen der Tyroler Landesschützenuniform zu bewilligen geneigt seyn werden, worum ich Dieselben für diesen rechtschaffenen Mann hiemit zu ersuchen die Ehre habe.“

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Es folgten noch mehrere ähnliche Schreiben aus Wien über den „vollkommensten Beyfall und die Allerhöchste Zufriedenheit Seiner k.k. Majestät“, die sich schützend vor Sonnenburg stellte. Der Fürsterzbischof hat schließlich nachgegeben. 1805 kam der Krieg wieder in unser Land. Das Fürsterzbistum hatte aufgehört zu existieren. Seit 1803 war Ferdinand von Toskana der Landesherr. Die Franzosen hatten sich mit den Bayern verbündet, die 1800 noch auf unserer Seite kämpften, was die Lage hier im Pinzgau und in Tirol zusätzlich erschwerte. Als der Aufruf zur Landesverteidigung kam, wurde er mit Enthusiasmus aufgenommen und Sonnenburg stand wieder an der Spitze der Bewegung. Der Angriff erfolgte wieder am Botenbichl, der eigentlich als uneinnehmbar galt, wurde aber mit Hilfe der ortskundigen Bayern durch Umgehung über das Ristfeucht - horn zum französischen Sieg. 

Auf dem Rückzug konnten die Feinde an der steinernen Wand, da ist wohl die lange Wand am Kniepass gemeint, noch für ein paar Stunden aufgehalten werden, dann zogen sie in Lofer ein, wo Sonnenburg Anweisungen gegeben hatte, alle Häuser mit Kerzen zu beleuchten, wohl um die Sieger milde zu stimmen. Er ging dem Oberst Lessel entgegen „und em p - fahl seiner Großmut und Güte die ohnehin erarmte Bürger- und Bauerngemeinde“. Lessel befahl, sofort für 7000 Mann Fleisch zu beschaffen und Brot zu backen. Es musste Bier und Branntwein bereitgestellt werden, Käse, Holz, Geschirr und vieles mehr. Sonnenburg wurde als „kaiserlicher Spitzbub“ verhöhnt und mit Bajonetten bedroht, schließlich gefangen genommen und zusammen mit dem Bauernburschen Josef Hinterseer, den man für einen österreichischen Spion hielt, auf einem Leiterwagen nach Reichenhall gebracht. Verspottet und beschimpft, war es nur seiner Bewachung zu verdanken, dass er noch lebend im französisch besetzten Salzburg ankam. Rücken an Rücken an den Bauernburschen gebunden ließ man ihn dort im Gefängnis in schweren Ketten liegen. Sein Schlüsselbein war gebrochen, er bekam eine Lungenentzündung. Es gab weder zu essen noch zu trinken. Er sollte auf dem Residenzplatz erschossen werden. Zwei Tage später zogen sich die Franzosen zurück und übergaben die beiden Gefangenen den bayerischen Waffenbrüdern, die sie in die Festung nach Traunstein brachten. Es gab monatelange Verhöre deren Ergebnis der k. k. Hofkommission vorgelegt wurden. Das Urteil wurde schließlich milde formuliert. 600 Gulden waren zu zahlen. Dazu kamen die Arrestkosten, Kosten für Kost und Trunk, Holz, Licht, Bett und Wart sowie Medizinkosten, Geld für den Transport und Trinkgelder für die eigennützigen Stock- und Gerichtsdienersknechte. Über 1000 Gulden wurden aufgebracht. Erst am 2. April 1806 wurde Sonnenburg entlassen obwohl nach einem weiteren Waffengang mit den Franzosen mit dem Frieden von Pressburg im Dezember 1805 das bisherige Kurfürstentum Salzburg inzwischen als Herzogtum unter seinem neuen Regierungschef Ferdinand Graf von Bissingen - Nippenburg erstmals - vorübergehend - zu Österreich gekommen war. Die Verurteilung war ja hauptsächlich seiner Österreichfreundlichkeit zuzuschreiben gewesen. 

Sonnenburg war schwer krank und bat um den Ruhestand. Der Kaiser versorgte ihn und seine Familie großzügig aber schon 1809, kurz vor einer weiteren französischen Invasion, ist er, 60 Jahre alt, gestorben. Er wurde im Friedhof von St. Sebastian beigesetzt und nach dem großen Brand nach St. Peter überführt. 


Wir danken außerdem den Erben zur Freigabe des geschichtlichen Werkes der Unkener Spaziergänge!


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