Das Röcklgwand, Grandln, Brautketten und altes Unkener Hochzeitsbrauchtum
Es gibt das Dirndl, das Leiblgwand und das Winterdirndl, das Miedergwand, das große festliche Trachtenkleid der Frauen aber ist das Röcklgwand. Es ist sehr wertvoll und kostet viele tausend Schilling. Marlene Wangler und die Achner Mali (Amalia Suntinger) Altbäuerin vom Achner, erzählen: Das Röcklgwand besteht aus einem weiten schwarzen Rock, der diesem Gewand den Namen gibt. Dazu gehört ein kunstvoll gestaltetes Oberteil mit langem Arm. Die beiden Kleidungsstücke werden separat angezogen und wurden in früherer Zeit mühsam mit „Hafteln, Nadei, Hackei und Sperl“ (...Nadeln, Häkchen und Sicherheitsnadeln) zusammengesteckt. Das war nicht immer sehr bequem und hat auch nicht immer gehalten. Mag sein, dass die würdevolle Haltung mancher Trachtenfrau auch aus Angst vor den vielen Nadeln zustande kam.
Ein Röcklgwand zieht man nicht an, man legt es an. Und dazu braucht man immer Hilfe. Vor dem „Anlegen“ muss die Frisur fertig sein. Dann beginnt man mit dem weißen Spitzenunterrock, der aber höchstens beim Tanzen sichtbar werden darf. Dann kommt der Rock. Heute ist der Rock an einem Oberteil aus dünnem Futterstoff angenäht und man zieht das Oberteil darüber an. So kann nichts verrutschen oder unbequem werden. Bevor aber darüber das Oberteil angezogen wird, wird die Schürze gebunden. Die Bänder bleiben unsichtbar, Verheiratete binden die Schleife rechts, Ledige links.
Früher aus Brokat, heute meist aus Seide, ist das Tuch und die Schürze, „s’Viehschta“. Verheiratete tragen dazu den Trachtenhut mit den beiden langen schwarzen Hutbändern und den goldenen Quasten, hinten am Hut befestigt. Dazu gehören noch schwarze Strümpfe und schwarze Schuhe mit einem kleinen Absatz sowie – neuerdings – ein schwarzer Schirm mit Goldborte und ein schwarzer Beutel, häufig bestickt, aus Samt oder Seide. Vor der Brust, wo die beiden Teile des Tuches zusammenlaufen, ist ein Stück weißer Spitze sichtbar. Die nennt man „Buamatraza“ und das bedarf keiner weiteren Erklärung. Als Schmuck wird eine Kropfkette getragen, pinzgauerisch stilecht die, mit dem schwarzen Stein und mit 10 bis 12 Gängen. (Kettenreihen). Es gibt Ketten mit bis zu 14 Gängen, die mag aber niemand gern tragen. Ohrringe sollten entweder zur Kropfkette passen oder zur zusätzlich getragenen Halskette, nicht selten mit „Hirschgrandln“.
„Grandlschmuck“ – Fremde fragen oft, was denn das für Steine wären und bekommen dann ein mildes Lächeln der Wissenden. „Grandln“ sind Zähne vom Hirsch oder von der Hirschkuh. Sie werden im süddeutschen Raum und im gebirgigen Österreich vom Juwelier in Gold und Silber, stilecht in Eichenlaub, gefasst. Sie sind enge Verwandte von Haaren, Häuten, Zähnen und Federn anderer jagdbarer Tiere auf der ganzen Welt, die als Schmuck getragen werden, vom Eberzahn an der Uhrkette bis zum Indianerkopfschmuck.
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Im Sieg des Jägers über das Tier soll dessen Kraft auf den Erleger übergehen. Im Mieder stecken frische Blumen, das ist baye - risch! Geranien oder „Nagei“ (Nelken) werden heute bevorzugt. (Sie kennen das Lied „...mit Näglein besteckt ...“) Früher verwendete man Rosmarien, die in jedem Bauerngarten wuchsen. Auch die Männer stecken sich Blumen an den Hut. Viele der heute getragenen, häufig schon vererbten, Röcklgwänder stammen aus den früheren Unkener Trachtenschneidereien, etwa von der Ortner Kathi oder von der Flatscher Enzl Jede Trachtenschneiderin hatte ihre eigene Handschrift. Die „Meiei“ (Fischmäulchen) von der Kathi und die „Resei, Blattei und Greiei“ (Röschen, Pailletten und kleine schwarze Glasperlen) von der Enzl, das kennt man hier schon auseinander.
Diese Tracht wird nicht nur zu großen Festlichkeiten im Dorf getragen, das „Röckl“ ist auch das traditionelle Hochzeitskleid. Die strengen Regeln haben sich aber etwas gelockert. War eine Braut Jungfrau, trug sie zum Röckl - gwand einen weißen Kranz. War sie bekanntermaßen keine Jungfrau mehr, trug sie einen Kranz, der im rückwärtigen Teil der Gretlfrisur, anderes gab es früher gar nicht, offen war und kein unbeschädigtes Rund mehr ergab. Brachte eine Braut ein Kind mit in die Ehe, war es angemessen, gleich schon den Trachtenhut der Verheirateten zu tragen. Zukünftige Schwiegereltern haben oft vom Bräutigam erwartet, dass er den Hut kauft: „Er hat ihr ja auch den Kranz herunter getan!“ Das Hochzeitsbüscherl trägt die Braut bei der Hochzeit zum ersten Mal rechts. Rechts wird sie auch in Zukunft jeden Anstecker und jedes Festabzeichen tragen und sich damit als vergeben ausweisen. Unverheiratete tragen alle Anstecker und Festabzeichen links.
Eine Braut trug früher auch die Hochzeitskette um die Hüfte. Die Symbolik hielt dem gelebten Leben nicht stand, als Brauchtum aber überlebte die Kette bis heute. Zwei alte Brautketten habe ich kürzlich gesehen. Warum zwei? Weil es so oft Doppelhochzeiten gegeben hat.
Unkener Brautketten
Sie liegen in einem alten Kästchen, dem man ansieht, dass es schon viele Jahrzehnte, viel Festlichkeit und Aufregung erlebt hat.
Wir dürfen vermuten, dass dies einen sehr praktischen Grund gehabt hat. Die Verwandtschaften waren riesengroß und Hochzeiten nicht billig. Vielleicht wurde sogar der Arbeitsausfall damit minimiert. Wir wissen, dass zum Beispiel die häufigen Kirchweihfeste im Land aus diesem Grund auf einen gemeinsamen Tag im Jahr gelegt wurden.
Die beiden alten Unkener Brautketten sind heute in der Obhut von Rosa Hinterseer in Reith. Ihr Wert als Schmuckstück dürfte nicht besonders hoch sein, ihr Wert als historische Rarität ist riesig. Rosa Hinterseer erzählt von ihrer Ururgroßmutter Maria Schmuck, dermalen Schrederkramerin in Unken, die 80-jährig im Jahre 1902 gestorben ist. Sie hatte einen kleinen Kramladen in dem Haus, unterhalb des Hölzlbauern über dem – damals noch frei liegenden – Kirchgraben. Sie hat nebenbei „gnodascht“, genäht, Trachten genäht. Und sie hat vor Hochzeiten „die Brauden zamkricht“. Reichere Bauerntöchter sind mit dem Bergwagl oder dem Fuhrwerk zur Kirche gefahren. Auf den größeren Höfen gab es oft alte, vererbte Brautketten. „Normale“ Unkener Bräute und Mägde sind meist „z’fuaß zua kemma“, zu Fuß gekommen, auch aus dem Gföll, stundenweit. Und das natürlich nicht in der Tracht. Beim Nanei haben sie sich oft angezogen und geschmückt. Als letztes wurde dann die Kette umgelegt. Rosa Hinterseer meint, das wäre ein bayerischer Brauch gewesen. Jedenfalls gehörten die Ketten ihrer Ururgroßmutter und als deren Erbin sind sie jetzt in ihrem Besitz.
Wenn heute jemand nach alter Tradition heiraten möchte, würde sie die Ketten, wie es seit alters her der Brauch ist, selbstverständlich wieder herleihen.