Wandervorschlag ins Gföll – Die „Gföller Musi“
BEVOR WIR weiter ins Heutal fahren, machen wir einen ganz kurzen gedanklichen Abstecher ins Hintergföll, weil das gar so eine besondere Gegend ist, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Ein Vorschlag für die schneelose Zeit: knapp vor dem stillgelegten Marmorsteinbruch beginnt links ein herrlicher Wanderweg, über den Sie zur bereits erwähnten „Moarlack“ und dem etwas tiefer gelegenen „Gasthaus Hinter - gföll“ gelangen. Ein Abstecher auf den Dickkopf lohnt sich, wenn es Ihre Zeit und Kondition erlauben. Von der „Moarlack“ aus geht’s gemütlich abwärts zur „Alpenwirtschaft Heutal“ und über den ebenen Mäanderweg durch das Hochmoor zurück zu ihrem Auto. Hier an der „Talbruck“ darf man parken! Dauer der Wanderung ohne Einkehr ca. 2 Stunden.
Neun Bauernhöfe schmiegen sich an die Sonnenseite des Unkentales. Gföll, das Gefälle! Der Riegerbauer, der Schmiederer, der Scheiber, der Wimmer, der Hinteregger und der Hochegger, der Leitingerbauer und der Geistler. Der Moarbauer, geschichtsträchtig und ausführlicher Forschungen würdig, ist als einziger nicht mehr ständig bewohnt und hat leider bereits sein Stallgebäude verloren. Auf der Anhöhe aber, droben beim Futterhof, da ist heute der schon erwähnte Gasthof „Moarlack“.
Das Gföll ist der abgelegenste Ortsteil von Unken. Drei Stunden lang gingen die Kinder früher zur Schule, etwas länger noch zurück, weil es dann bergauf ging. Barfuss vom Frühjahr bis zum Herbst. Erst zu Weihnachten im Jahre 1963 kam der elektrische Strom und 1974 endlich auch das Telephon. Merkwürdige Geschichten gibt es von diesem einsamen Ortsteil. Eine der interessantesten ist die Geschichte der früher so berühmten „Gföller Musi“. Soweit man zurückdenken kann, wurde im Gföll musiziert. Die Gföller kannten keine Noten. Sie hatten das Musizieren so nach dem Gehör von ihren Vätern gelernt und spielten alle Stücke auswendig. In den frühen Zwanziger Jahren tauchte im Saalachtal der Böhm Ludwig auf, der eigentlich Sedlacek hieß und aus Böhmen kam.
Er spielte mit seiner fünfköpfigen Schrammelkapelle, seiner Familie, als Wandermusiker zu allerhand Anlässen, wie sie im Dorfleben so anfallen. Der Böhm Ludwig erkannte das musikalische Talent der Gföller und von ihm und seiner Frau stammten auch die ersten wertvollen Musikinstrumente der 1924 offiziell gegründeten „Gföller Musi“.
Die Ziehharmonika seiner Frau hat er viel später gegen eine andere ausgetauscht. Er wollte sie als Andenken zurückhaben. Gründungsmitglieder waren der Moar Max (Max Baumgartner), der Geistler Hansei (Hans Schmuck), der Mesner Peter (Peter Dankl) und der Knecht vom Wimmerbauern, der Wimmer Karl (Karl Raml). Später kam noch der Jakob Posch dazu.
Unterkünfte Heutal & Unken:
www.unken.co
www.heutal.com
- Kramerwirtsbrücke oder Achnerbruck’n
- Flusshäuser
- Fellner Lack und alter Sportplatz auf der Fellner Au
- Gletscher Ei, ein Granit aus der Eiszeit vor 15.000 Jahren
- Schütterbadsteg und neue Brücke von 1991
- Großer Oberrainer Knogel
- Löwenquelle und Brunnengeist
- Badhaus von 1842, unterhalb von Schloss Oberrain
- Schütterbad – Badequelle, altes Heilbad und neuer Gasthof
- Festung Kniepass – Straßenbau am Pass im 17. Jahrhundert
- „Wenn diese Straße erzählen könnte...“
- Innersbachklamm, klein, aber ein Erlebnis
- Holztrift aus den Reither Bergen zur Saline Reichenhall im 16. Jahrhundert
- Einpfarrung Reith, bis 1903 zur Gemeinde Unken, aber zur Pfarre St. Martin gehörig
- Der alte Hochreiter erzählt aus seinem Leben - Wilderergeschichten
- Die drei Brüder – Sage über die Entstehung der Felsformation
- Erstbesteigung der Alpa Wand 1951 durch zwei Loferer und einen Unkener
- Bergtod für Walter Mader und Walter Kedra
- Brechel- oder Badstub’n, früher bei jedem Hof, heute eine Seltenheit
- Gasthof „Zu den drei Brüdern“, zur Einkehr bestens empfohlen
- Reither Feuerwehrhaus - Löschgruppe von Reith, gegründet 1894
- Reither Kirche, gebaut 1670, dem Heiligen Kaiser Heinrich geweiht
- H.P. Wimmer, ein junger Künstler aus Reith
- Reither Brücke, neu erbaut 1998
- Die alte Kapelle an der Reither Brücke und der Schmerzensmann
- Radwandern im Saalachtal
- Merkwürdigkeit aus der frühen Nazizeit
- Das Abdeckerhaus – Geschichten um den Abdecker oder Schinder
- Haus- und Hofmarken aus Reith
Der erste Auftritt außerhalb vom Gföll war die Hochzeit vom Pfannhauser. Bald waren die Musikanten ein fester Bestandteil des Unkener Musiklebens. Oft kamen die böhmischen Musikanten nach Unken. Zu Hochzeiten, zum Veteranerball am Stefanitag, zum Fasching, zur jährlichen „Holzsupp’n“, wenn das Bayerische Forstamt alle Forstarbeiter zu einem Fest mit Kirchgang und zum gemeinsamen Essen einlud.
1947, die Gründungsmitglieder waren älter geworden, wuchsen die Jungen nach. Der Hochegger Xandl (Alexander Wimmer); der Hoch - egger Hans (Johann Posch), der Geistler Poit (Leo pold Schmuck) und sein Bruder Hans sowie der Moar Mascht (Martin Baumgartner) übernahmen die Stelle ihrer Väter. Es entstand eine weitere Formation, eine Tanzlmusi. 1948 war der Böhm Ludwig als alter Mann ein letztes Mal in Unken und spielte im Fasching beim Kramerwirt und auf der Post. Danach ist er nicht mehr nach Unken gekommen. Er ist begraben in Bischofshofen und dankbar erinnern wir uns seiner an dieser Stelle und an die Bereicherung durch seine Musik.
1953 übernahm Georg von Kaufmann als Forstmeister das Bayerische Forstamt in Unken. Schon damals war er bekannt als großer Freund der Volksmusik und des Volkstanzes. Bei der „Holzsupp‘n“ hörte er die „Gföller Musi“ zum ersten Mal. Damals spielte Hans Schmuck (*1932) die Posaune, Johann Posch (*1931) die Trompete, Leopold Schmuck (*1930) die Klarinette und Martin Baumgartner (* 1940) die Zugin oder Ziach (Ziehharmonika). Georg von Kaufmann schreibt (Auszug): „Sie ist keine Kapelle eigentlich, sondern ganz einfach die „Gföller Musi“, wie sie zu Väterzeiten schon bestanden hat: eine Blasmusi mit juchzendem Klang und Echowirkung. Man hört sie, wenn sie an warmen Sommerabenden heraußen bläst, bis weit hinein in die gegenüber - liegenden Waldhänge und Waldalmen und auf dem Tanzboden beherrscht sie gutding die Tänzerschaft einer mittleren Bauernhochzeit. Dabei sind die Hauptinstrumente nur eine Klarinette, eine biedere messingerne Trompete und eine Posaune. Zur Unterstützung des Taktes und zur Untermalung der Melodien dient eine „Roanl“, eine diatonische Harmonika mit tiefen, satten Helikonbässen. Der fünfte Musikant spielt ebenfalls eine Ziehharmonika, ein moderneres Akkordeon, sozusagen als Reserve. Die Gföller spielen nur heimisches Musikgut und sie spielen es mit solchem Schwung und einer solchen Beherrschung der Tonsetzung, dass es einmalig mitreißend wirkt. Das Zuspielen der zweiten oder dritten Stimme gelingt ihnen instinktiv aus ihrem untrüglichen musikalischen Empfinden heraus ohne dass sie wissen, welche Stimme sie überhaupt blasen. Es wird einfach so oft drüber gespielt, bis die richtige Tonhöhe des Stückes für ihre drei spielbaren Tonarten gefunden ist. Bei manchen Stücken ist die Grundmelodie vor lauter Drüberspielen kaum mehr erkennbar – ein Umstand, der auch bei ursprünglichen Almgesängen häufig auffällt.“ Die Musikanten kamen häufig ins Forstamt. Sie spielten ihre Stücke so oft, bis der Forstmeister sie in Notenform auf dem Papier festgehalten hat. Und er spielte auf der Harmonika Volksmusik so lange vor, bis die Gföller sie nach - spielen konnten. In seinem VW-Käfer nahm er sie jahrelang mit zu Volkstanz-Veranstaltungen nach Rosenheim, Miesbach, Tegernsee und in das ganze Alpenvorland. Noch kurz vor seinem Tod 1972 spielten die Gföller für ihn in der Gaststube vom Gföller Wirt. Eines seiner Lieblingsstücke war der „Halbe fünfe Marsch“, den er schon 1953 in seinem „Roten Notenbüchl“ unter dem Namen „Gföller Marsch“ verewigt hatte.